Darum Karneval ohne Pferde
Darum gehören Pferde nicht in ( Karnevals- ) Züge:
Missachtung des Tierschutzgesetzes:
Verstoß gegen das Tierschutzgesetz (§ 3 Satz 1 Nr. 6) und das Grundgesetz (Artikel 20a, Tierschutz seit 2002 mit Verfassungsrang)(Quelle: Kommentar Tierschutzgesetz Hirt/Maisack/Moritz) Verstoß gegen § 3 Satz 1 Nr. 6 Tierschutzgesetz:
Verbot der Schaustellung von Pferden, sofern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind
… einfache Schmerzen, Leiden oder Schäden sind dabei ausreichend, keine Erheblichkeitsschwelle zu beachten
… Angst und der Wesensart des Pferdes zuwiderlaufende Einwirkungen gelten ebenfalls als Leid
… eine Rechtfertigung aus vernünftigem Grund ist nicht möglich … dieser Verstoß ist bußgeldbewährt gem. § 18 Tierschutzgesetz mit bis zu 25.000 € … und ergibt einen Handlungszwang für die zuständige Behörde gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 Tierschutzgesetz: „Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen.“ Beispiele für zahlreich beobachtetes Pferdeleid während des Rosenmontagszugs:
Einsatz scharfer Gebisse (z.B. Kandaren) zur Kontrolle über Schmerzeinwirkung
„Rollkur“: Überdehnung des Nackens durch Ziehen des Pferdekopfes bis auf die Brust mit dem Ziel der Gefügigmachung/Unterordnung [Klick hier]
Gewalteinwirkung, z.B. Schlagen
Nachfolgende Beobachtungen beziehen sich auf die Rosenmontagszüge 2018 und früher. Für das Jahr 2019 wurden neue Maßnahmen durch das Festkomitee Kölner Karneval erlassen, die einige der von uns genannten Kritikpunkte aufgreifen. Da im Rosenmontagszug 2019 keine Pferde mitliefen (Sturm), kann über deren Umsetzung und Wirksamkeit derzeit noch keine Aussage getroffen werden. Zudem hat das Landesumweltministerium weitere Maßnahmen für den Rosenmontagszug 2020 festgelegt.
An dieser Stelle wiederholt das NTK ausdrücklich, dass all diese Maßnahmen nicht ausreichend sind, Verstöße gegen das Tierschutzgesetz (siehe oben) zu verhindern! Es fehlen insbesondere das Verbot scharfer Gebisse (Kandaren etc.) und der sog. „Rollkur“, welche für die Tiere mit Schmerzen verbunden und deshalb bei einer Schaustellung wie dem Rosenmontagszug nicht erlaubt sind.
Wir listen die aus unserer Sicht wichtigsten, neuen Maßnahmen dennoch nachfolgend auf, um das Bild zu vervollständigen:
„Vorherige Gelassenheitsprüfung nach dem Reglement der Deutschen Reiterliche Vereinigung (FN)“
Zitat Hans-Joachim Jennes, Reiterkorpsführer der Ehrengarde, Kölnische Rundschau vom 28.02.2019: „Die Gelassenheitsprüfung, die das Pferd bestehen muss, kann die Anforderungen Rosenmontag nur bedingt simulieren.“
… dem hat das NTK nichts hinzuzufügen!
„Vor jeder Pferdegruppe soll ein LKW fahren“
Kommentar NTK: Der Unfall 2018, wo Kutschpferde sehenden Auges mit voller Geschwindigkeit direkt in einen LKW rennen, wurde demnach als Vorbild für eine Maßnahme genommen. Das hat mit Tierschutz nichts zu tun und ist einfach nur widerwärtig!
„Mehr Drängelgitter zum Schutz der Zuschauer“ und „Ausweichmöglichkeiten für Pferde und Kutschen, um Engstellen zu vermeiden“
Frage des NTK: Wie passen diese beiden Maßnahmen zusammen?
„Reiter müssen Praxis nachweisen, den Deutschen Reitpass besitzen“
„Gewichtsbeschränkung: Reiter und Zubehör maximal 15% des Pferdegewichts“
„Verbot von Alkohol, Rauchen, Drogen und Handynutzung für mit Pferden befasste Personen“
„Spezieller, mit den Pferden mitlaufender Ordner-Dienst“
„Musik leiser drehen, wenn Pferde passieren“
„Positionierung von Pferdegruppen vor oder hinter einer Musikkapelle ist untersagt“
„Verbot der sogenannten „Pauken-Pferde““
„Ein Tierarzt soll in zehn Minuten beim Pferd sein“
„Gesamte Einsatzdauer inkl. Transport maximal 9 Stunden, Pause nach 4 Stunden“
Beobachtungen des NTK
Stressfaktor:
Schon das Verladen ist für viele Tiere Stress.
- Die lange Anreise (teilweise bis zu 100 km). Es geht sehr früh los (oft schon gegen 4 Uhr / 5 Uhr), die Tiere sind oft aufgezäumt – manchmal schon komplett gesattelt (Folge: Druckstellen , Verletzungsgefahr durch mögliches Hängenbleiben mit Steigbügel, Zügel oder schlimmer noch: mit dem Gebiss).
- Die Pferde sind oft insgesamt 14-20 Stunden unterwegs (mit An-, Abreise) – viele Pferde gehen anderntags schon wieder in einem Veedelszug mit.
- Beobachtete Anzeichen für Stress: Schwitzen (schon vor Zugbeginn sind viele Pferde komplett nass), Kopfschlagen (sehr oft gesehen), Tänzeln, Augenrollen, hektisches Ohrenspiel, aufgerissene Augen, Rückwärtsrichten, um „sich drehen wollen“, sich an andere Pferde drängen, leicht steigen …
Folgen des Stresses: Koliken, Unruhe auch nachts im Stall noch, Gewichtsabnahme durch Anstrengung (Kutschpferde verlieren bis zu 100 Kilo im Karnevalseinsatz – das sind rund 10% des Körpergewichtes)
Zusammenstellung / Herdentrieb/ Rangordnung
- Es gibt oft kein Vertrauensverhältnis zum Reiter – die meisten Reiter lernen die Pferde erst an dem Tag kennen oder kennen sie nur von wenigen Reitstunden.
- Einer optimalen Zusammenstellung der Pferdegruppe wird keine Rechnung getragen: Wallache, Stuten, Hengste werden gemischt und erhöhen so die Unruhe.
- Alter der Pferde: 6 – 22 Jahre sind vorgegeben – auch Jüngere können unter Arthrose etc. leiden.
- Reiterliches Können oft nicht ausreichend – auch nicht nach 35 Reitstunden, die vorgegeben sind.
- Die Faustregel für das Gewichtsverhältnis von Pferd zu Reiter: Der Reiter sollte maximal 1/7 des Pferdegewichtes wiegen.
- Zu Einsatz kommt oft eine Kandarre als Zaum (sehr scharfes Gebiss, das nur in sehr erfahrene Hände gehört).
- Manche Tiere mit Winterfell bekommen zusätzliche Decken und schwitzen dadurch noch mehr, andere sind geschoren, haben keine Decken und frieren.
- Es sollen vorrangig Kaltblüter eingesetzt werden, weil deren Gemüt als ruhiger gilt – im Zug 2017 und 2018 wurde dies nicht umgesetzt. Nur Kutschpferde waren weitestgehend Kaltblüter
- Kutschen sind oft zu schwer für die lange Strecke und Anzahl der vorgespannten Pferde – ständiges STOP and GO ist ein enormer Kraftakt für die Pferde – vor allem eine Kutsche über Sand zu ziehen und über Unebenheiten.
Hufe:
- Auf dem Geläuf (Asphalt , Sand und Kopfsteinpflaster) wäre besonderer Beschlag von Nöten – zu teuer!
- Stundenlanges Gehen auf Asphalt ist für Eisenträger und auch Barhufer eine enorme Belastung für die Gelenke.
Fluchtinstinkt:
- Der angeborene Urinstinkt kann weder durch die Zucht noch durch Ausbildung vollständig ausgelöscht werden.
- Die natürliche Fluchtdistanz beträgt 400-600 Meter (so weit rennt ein Pferd unkontrolliert in Panik – erst dann kann man wieder auf es einwirken).
Futter/Wasser:
- Pferde sollen mind alle 4 Stunden kleine Portionen fressen – der Magen fasst 8 – 15 Liter. Dieses ist im Zug nicht gegeben.
- Wasser ist so wichtig wie Futter. Ein Pferd trinkt durchschnittlich 35 Liter täglich.
- Offiziell heisst es, die Tiere könnten auch während des Zugweges an Hydranten getränkt werden – aber nur in der Theorie. Beobachtet wurde das noch nie. Das Tränken der Pferde würde den Fluss des Zuges aufhalten, was natürlich nicht gewünscht ist.
- Dehydration durch starkes Schwitzen bei nicht genügendem Tränken ist schnell lebensbedrohlich.
- 10-12 Liter Schweiß sondert Pferd bei Anstrengung und Stress pro Stunde ab.
Sedierung:
- Sedierungen sind verboten, kommen aber immer wieder vor. Das Veterinärsamt schafft es nicht annähernd, die Pferde alle zu testen. Blutproben werden erst seit 2012 durchgeführt:
- 2015 : 2 positiv getestete Tiere von 6 getesteten Tieren
- 2016- keine Pferde im Zug wegen Sturm
- 2017- kein positiv getestetes Tier von 6 getesteten Tieren
- 2018: 1 positiv getestetes Pferd von 50 getesteten Tieren
- Sedierungen können zu paradoxen Reaktionen führen, wenn die Wirkung nachlässt, weil das Gewicht des Pferdes und somit die Dosis falsch eingeschätzt wurde.
- Seduktions-Salbe unter den Lippen kann im Blut oft nicht nachgewiesen werden.
- Blutentnahme für den Sedierungstest zusätzlicher Stress und Schmerz
- Anzeichen für Sedierung: Kopf hängen lassen, Ausschachten ( Schlauch / Penis heraushängen lassen), Einknicken, halb geschlossene Augen, Zunge heraushängenlassen.
Training/ Vorbereitung auf den Zug:
- Desensibilisierungstraining ist zeit- und kostenintensiv und wird zumindest bei Pferden aus Verleihställen nicht angewandt.
Sicherheit:
- Es gibt keine Fluchtwege für Zuschauer oder durchgehende Pferde, die in Panik einfach losrennen, egal ob da ein Hindernis ist oder nicht.
- Es gibt Kinder, die Kamelle unter den Pferdekörpern aufsammeln.
- Pferde rutschen auf glattem Asphalt durch Nässe, Glatteis und platten Süssigkeiten.
- Wurfgeschosse wie Kamelle, Flaschen, Strüssjer, Pralinen, Apfelsinen können die Tiere jederzeit treffen.
- Wir fordern eine Auflage, dass Reiter und Führer Reithelme und Schuhe mit Schutzkappen zur eigenen Sicherheit tragen sollen.
- Polizei und Ordnungsamt sind schon ausgelastet damit, den Zug vor Einwirkungen von aussen zu schützen. (Terroranschläge) ,Verhalten der Zuschauer verändert sich und wird aggressiver. Es kommen immer mehr Leute.
Die Sinne der Pferde:
Augen:
- 350 Grad Rundumsicht, 285 Grad des Gesichtsfeldes besitzen keine Tiefenschärfe, so dass schon kleine Schatten auf der Erde für ein Loch gehalten werden können. Scheuklappen halten zwar einige Reize ab, verunsichern das Pferd aber auch, weil es nicht sehen kann, was um es herum passiert.
Ohren:
- Hörvermögen ist hochsensibel und um ein Vielfaches ausgeprägter als bei uns.
- Mit 40.000 Hertz pro Sekunde doppelt so hoher Schallbereich als beim Menschen.
- Pferde nehmen also bis zu 000 Schallschwingungen pro Sekunde wahr.
- Wir haben bis zu 102 Dezibel gemessen an Stellen wo Lautsprecher hingen. Dagegen helfen auch die kleinen Häkeldeckchen über den Ohren nichts.
- Teilweise sitzt ein Reiter mit einer Fanfare oder eine Trommel AUF dem Pferd oder die Pferde gehen direkt hinter eine Kapelle.